40.000 erwarteten eine 19jährige in Hannover. Ist man zynisch und ekelhaft, wenn man sich zwar für das Mädel freut, sich aber fragt, womit man 40.000 locken müsste, um sie für
wichtige Dinge auf die Straße zu bringen? (Eingeschoben: Vielleicht sollte man
Herrn Kids Vorschlag in Erwägung ziehen und mal fix das Grundgesetz ändern (geht für Anderes ja auch). Dann wäre Lena 1. Bundespräsidentin - vielleicht geht dann was in diesem Land.)
Indes: Das interessierte das Fräulein nur insofern, weil das feine, kleine Hotel kaum erreichbar schien am gestrigen Frühabend, mit all den Absperrungen in Hannovers Innenstadt.
Aber es gelang und schließlich stand das Fräulein nebst einer ihrer Lieblingsbegleitungen im Funkhaus und saß schließlich auch glücklich im großen Sendesaal. Der wiederum ist, abgesehen von den Schirmen oberhalb der Bühne - Entschuldigung - so
unglaublich häßlich und erinnert grotesk an schlimme sozialistische Architektur, dass es ein Vergnügen ist, die Augen zu schließen und sich tragen zu lassen von der Musik.
Eine Schande hingegen, dass der Saal halbleer war; wer allerdings so bescheiden und unprätentiös auftritt wie Frank Peter Zimmermann, sich dem Rummel so konsequent verweigert und sein Ding macht, dem nimmt der gemeine Deutsche den Weltgeiger, vielleicht, sogar
den Weltgeiger nicht ab.
Man hat sich ja an Blendung und Pomp gewöhnt, an Schreihälse und schicke Stargeiger/innen - ich will die alle gar nicht hören.
Ein einziges (für mich) erreichbares Konzert in Deutschland; ich hätte Herrn Zimmermann ein größeres Publikum gewünscht. Und mir Stunden um Stunden mehr mit ihm und seiner Stradivari und nicht zu vergessen seinem langjährigen, kongenialen Partner Enrico Pace am Klavier. Gross war es. Das hannoveranische Publikum (Durchschnittsalter: 65) würdigte sein extrafeines Schumann- und Hindemith-Spiel denn auch mit einer halben standing ovation. Immerhin.
Eine Kurz-Biografie findet sich
hier, sehr schön beschrieben wird er
hier.
In der sehr leisen und berührenden Dokumentation von 2008 "Mein Weg mit Bach" (Auschnitt:
hier) sagt Herr Zimmermann:
Wenn ich unruhig bin, spiele ich einen Satz aus einer Bach Solo Sonate und kehre in mich zurück und ... mehr braucht man eigentlich nicht.
Mehr als gestern brauchte das Fräulein auch nicht.
(Die zu Recht hochgelobte Einspielung der Bachschen
Sonaten für Violine und Klavier der beiden ist tatsächlich der erste Tipp für alle, die sich sich dem sehr umfangreichen Œuvre von F. P. Zimmermann nähern wollen.)
Sieh an. Es gibt neben Rieu und Garrett also noch einen dritten Geiger? *duck*
Dankbar greife ich ihr Stichwort auf, um einen flachen Gedanken daran anzuschließen: Blendung und Pomp sind ja der Motor der Welt. Alternative Antriebsformen werden dagegen in Nischen feigenblattmäßig erhalten, weil es halt bunt sein muss im Zoo. Aber vielleicht muss man dafür sogar noch dankbar sein.
(Gute Güte, ist das ein uninspirierender Kommentar.)