Donnerstag, 13. Mai 2010
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Auf dem Herd kocht Stunde um Stunde eine liebevoll bereitete riesige Menge Bolognese nach dem weltbesten und allergeheimsten Originalrezept (davon gibt es ja so viele, wie es italienische Mamas gibt, aber die, von der ich es hab, ist die beste von allen), aus den Lautsprechern tropft sanft wie feinstes Olivenöl Gianmaria Testa, der singende Bahnhofsvorsteher - nach eigener Aussage ist seine Sprache von der Expressivität der Gedichte Giuseppe Ungarettis und den Skulpturen Alberto Giacomettis geprägt, also bitte - so geht es doch.
Mein Liebesbärchenorakel sagt, ich wäre die Liebe, sehr viel besser kann dieser Tag also eigentlich nicht mehr werden. Wird er aber. Nicht nur Dank der liebevollen Aufmunterungsversuche und Durchhalteparolen diverser feiner Menschen. Es wird ja alles, irgendwann bestimmt.

Vielleicht habe ich es auch falsch angelegt; möglicherweise sollte ich in die Emilia-Romagna ziehen - mir von einem sanften Bahnhofsvorsteher sechs Kinder machen lassen und stundenlang jeden Tag für die Meute Köstlichkeiten am Herd zaubern. An Samstagen fahren wir dann nach Ravenna und bestaunen frühchristliche und byzantinische Mosaike, dann gibt es auf der Piazza del Popolo richtiges Eis für alle und auf dem Heimweg schläft die Hälfte der Mannschaft.
Und abends, wenn die Sonne dann tief durch die Pinien scheint, sitzen wir im Garten, in dem es nach Kräutern duftet; der Barolo hinterlässt samtige Schlieren im Glas und vielleicht singt er dann. Leise, nur für mich.

Wenn die Nacht
am Verblassen ist
im frühen Frühjahr
und nur selten
einer vorbeigeht

verdichtet sich über Paris
eine dunkle Färbung
von Klagen

In einem Winkel der Brücke
schau ich
dem grenzenlosen Schweigen
eines zarten Mädchens
nach

Unsere Leiden
sind
eins

und wie fortgetragen
bleiben wir.

[Gianmaria Testa: "Come di pioggia" | Giuseppe Ungaretti: "Nostalgica", 28.09.1916]




Sonntag, 9. Mai 2010
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2 Tage internet- und blogfreie Ruhe, Sonne, Garten, Hängematte, aufsitzrasenmäherbekloppte Kleingärtner, Unmengen Tee, selbstgepflückter Löwenzahnsalat, selbstgekochte Fenchelsuppe, selbstgebackenes Brot (ja, das Fräulein kocht und isst wieder - vorerst), ein unendlich lieber Mensch an der Seite, der mit Elstern umgehen kann, sodass man ratzfatz mit denselben durch ist und der erstklassige Mitternachtskäsebrote schmiert, ein Masterplan für die nächste Zeit, der nur noch durchgezogen und -gehalten werden will: Ein fast perfektes Wochenende. Wäre da nicht das Ich. Das mit sich hadert und sich fragt, wie es (geworden) wäre, wenn es anders wäre. Zwecklose Hirn- und Seelchenübungen.

Auf der Rückfahrt in die große, böse Stadt, in der Frauen gerüchteweise einen unbeständigen Erlebnishunger an den Tag legen, erst passend Kettcar Landungsbrücken raus und dann sanftester Ohrensex - Isaac Hayes mit seiner zweitbesten Platte: Hot buttered soul. Noch bin ich geerdet und noch nicht wieder ganz da. Gut so.

So if I seem broken in two
Please walk on by, walk on by

[Isaac Hayes: Hot buttered soul | Kettcar: Du und wieviel von deinen Freunden]



Freitag, 7. Mai 2010
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Neues bekomme ich ja meistens erst mit, wenn es nicht mehr neu ist.

Die neue Single von Mumford & Sons ist demnach von Februar. Ich mag sie.

Cause I need freedom now
And I need to know how
To live my life as it's meant to be.



Mittwoch, 5. Mai 2010
+ Selbsterkenntnisse. Nicht neu.
Ich bin eine Katastrophe. Wie man es dreht oder wendet ist egal.
"Nicht normal", sagen vorsichtig empathisch die einen, denen man sich endlich anvertraut. "Strange" schreibt ein anderer Mensch, wo man es vorsichtig fragmentarisch auch tut.

"Eine (menschliche) Katastrophe", sag ich.

Da hilft es nichts, dass dieselben Menschen einem unglaubhaft kaum glaubhaft versichern, man wäre ein guter Mensch.
Selbst wenn - "Nur gut sein, reicht nicht", schrieb ich dem Schnuckelchen, dass schon lange nicht mehr so heißt, weil man sich mittlerweile (ein wenig bis mehr) kennt, und ja - was zurückkam stimmt eben haargenau: "Manchmal könnte es reichen. Aber nicht immer."

Heute, gestern und morgen sind nicht immer. C'est ca.




Montag, 3. Mai 2010
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Zwischen wunderschön leicht und sanft, Tagen + Nächten mit Menschen wie sie besser und schöner nicht sein können, dicht und nah und echt, und seelischen Tiefschlägen, selbst verabreicht durch bloßes Sein, war an diesem Wochenende die Spannweite.

Ich brauch es eigentlich nicht immer alles so konzentriert; manches will ja auch mal verarbeitet werden. Mein Kopf wird aus diesem Wust wieder abstruseste Träume formen.