+ Heimwegserkenntnisse
Ich kenne die Menschen, die meine Morgen- und Abendzüge des regulären Turnus teilen besser als meine Nachbarn. Von denen kenne ich nur die Frequenz der Beischlafgewohnheiten, Streits und Disco-Besuche.

Der junge Mann in blauer Retrotrainingsjacke, der in P. studiert offensichtlich, hetzt in meinen Spätschichtwochen immer mit mir zur selben U-Bahn, die uns dann in den Zug verfrachtet. Heute waren wir beide so spät, dass wir regelrecht flitzen mussten und uns dann etwas erleichtert auf dem Bahnsteig angrinsten.

Die Frau, die abends auch immer in den letzten Wagon steigt, weil man dann gleich am Ausgang ist und die ich nur sehe, wenn ich absolut pünktlich Feierabend mache. Die in die gleiche Straße biegt wie ich, allerdings nur, wenn ich vorher mit ihr beim Edeka einkehre; Mann, zwei Kinder, unterschiedlichen Alters, ist meine Analyse nach Einkäufen. Meine sind schwerer: Lactosefreie Milch, viermal Buttermilch, Bier.

Der schlaksige, große Mann mit den graublonden, kurzen Locken, der mich morgens mal sehr erschreckt hat, weil ich ihn mit einem mir nur entfernt bekannten Menschen verwechselte, wohnt irgendwo in Richtung Steglitz, steht in meinen Spätschichtwochen morgens immer im ersten U-Bahnabteil, sitzt nie, arbeitet in der Nähe vom Zoo und offensichtlich manchmal länger; heute teilte er auch meine abendliche U-Bahn. Nachdem ich doch immer kurz zusammenzucke, wenn ich ihn sehe, ob der Ähnlichkeit, war ich heut Abend, nachdem auch er mich mit diesem Dich kenne ich doch Blick ansah, versucht, ihn anzusprechen. Aber warum? Und wie? Sie sehen sehr aus wie ein mir nur von Bildern bekannter Blogger? Toller Satz, dochdoch. Die Millisekunde, die wir großen Menschen - ich heute 1,87m, er mindestens 1,95m, mit jeweils sehr langen Beinen - brauchten, um aneinender vorbei zu gehen, hätte auch nicht gelangt.

Ein Nachbar, den ich noch nie gesehen habe, kam heute hinter mir ins Haus.



1,87m? Erstaunlich.

Ach ja: Der Nachbar hinter einem, also der ist auch immer für eine Überraschung gut.

Dann sollte man ihm den Vortritt lassen und nicht im Rücken haben?
Oder meinten Sie schöne Überraschungen?

1,87m: die letzten, also unteren 7cm waren lackstiefelgeschummelt - zugegeben.

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das mit den nachbarn kenn ich auch. monatelang denk ich mir immer, das ist doch ein bekanntes gesicht, woher kenn ich den bloß... und ein jahr später ertappe ich ihn, wie er die haustür neben meiner aufsperrt. tja, und dann... denk ich mir: verdammt niedlich, das männeke. nett, so wand an wand zu wohnen. ich dachte immer, ich wohne neben einer frau. aber die ist wohl dann seine freundin.

:)

Gar so schlimm ist es ja auch nicht: Neben mir wohnt eine alleinerziehende Mutter mit ca. 11-jährigem Sohn, über mir eine Frau mit 3 Siamkatzen, die manchmal brutallaute Streits mit ihrem Freund (?) hat - gerne mitten in der Nacht, und unter mir ein junges Pärchen, die Freitag Abends gerne in Clubs oder Ähnliches gehen und dann am Samstag Morgen gegen acht heimkommen und die Stereoanlage voll aufknallen mit Techno. Nunja, ich habe durchaus schon das Alter milde zu lächeln über die Jugend.

na da haben sie ja auch eine muntere gesellschaft beisammen. ;)

besagten nachbarn höre ich selten, nur staubsaugen, sonst nix. schlimmer ist über mir der alleinerziehende vati mit seinem trampeligen sohn, der gern am wochenende im aller herrgottsfrühe das parkett umpflügt. und da trotz fortgeschrittenen alter ich diejenige bin, die samstagmorgen um halb sechs nach hause kommt, stört das getrampel mein dreistunden-nickerchen.

techno-nachbarn hatte ich auch, als ich meine allererste eigene wohnung im süden bezog. die haben auch gestritten und nachts geschirr an die wände geworfen. und natürlich tägliches technogedröhne bis früh um fünf. ich hab die dann nach mehrfachen gesprächen und bitten um etwas rücksicht einfach angezeigt. ich hab ja eigentlich eine affengeduld und gehe erstmal davon aus, dass menschen nett sind und einen wenn auch begrenzten verstand besitzen. aber irgendwo gibt es auch grenzen.

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Das klingt nach Haltestellenkino, immer die Umwelt im Blick behalten. Einen offensichtlichen Blogger habe ich allerdings noch nie beobachtet, vielleicht kenne ich aber viel zu wenige, auch von Bildern.

Kino ist doch bei mir sowieso immer, mein Gehirn hat ja die Eigenschaft aus winzigen Fragmenten, die ich an Menschen sehe, rieche, höre, ganze Geschichten zu spinnen und die werden dann natürlich mit Bild und Ton unterlegt. Kein Wunder, dass ich immer so verträumt durch die Welt laufe. Und mir manchmal die Ohrstöpsel reinstecken muss und in's Dunkle aus der U-Bahn schauen - soviel Film erträgt man nicht immer. Im Falle des falschen U-Bahn-Blogger-look-alikes meine ich den Film spinnen zu können, dass er damit überhaupt nichts am Hut hat. Das entzöge aber jedem Ansprechen die Existenzgrundlage - "Ach, heute Morgen auch wieder in der U-Bahn?" ist ja nun auch kein Text. (Aber vielleicht ist es ja auch ein unehelicher Sohn des Blogger-Vaters, ein heimlicher, somit ein Bruder? Und man täte etwas Großes, die Geschwister zusammen zu bringen. Vielleicht ... ich sollte jetzt arbeiten.)

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da möchte man ja fast mal wieder das fahrrad zugunsten der bvg stehen lassen

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