Dienstag, 27. April 2010
+
Heute ist mal wieder Liebe statt Drogen im Schokoladen, zu Gast ist LSD-Ehrenmitglied auf Lebenszeit Volker Strübing vom Schnipselfriedhof. Wenn Sie grad in Mitte sind, Lust und Zeit usw., dann also ... vielleicht schafft es das Fräulein ja auch mal.

Nachtrag: Das Fräulein hat die 7 km quer durch die Stadt dank Radel geschafft (Und wo waren Sie denn wieder?), es war voll, die Stimmung toll und die Jungs von LsD lasen nicht nur hochfeine, amüsante Texte, sondern sind auch so privat alle unsagbar nett. Und: Volker Strübing kann nicht so sehr gut singen, gab sich aber Mühe und hat die niedlichsten Grübchen diesseits der Elbe.




Montag, 19. April 2010
+
Wochenende-Substantive:

Sonne, Menschen, Photographie, Mitte, Lachen, Briefe, Haut, Freude, Kitsch, Wärme, Kennenlernen, Nähe, Wedding, Bücher, Blogger, Worte, Atmen, Nacht-zu-Morgen, Sehnsucht, Verstehen, Ahnung.




Dienstag, 6. April 2010
+ Berlin, ein Gespräch, O-Ton
Zoo, 20:09 Uhr, Ampel rot, Fräulein stoppt. Neben ihr stoppt ein Mittvierziger, sympathisch-krude Erscheinung, Jeans, gebügeltes Hemd, keine Jacke, Plastetüte.

Der Herr guckt. Einmal, zweimal, dreimal. Das Fräulein dreht sich mit höflich fragendem Blick hin.

Er: "Hm ...verwechselt."
Ich: Lächel freundlich und wende mich ab.
Er guckt weiter und: "Äh darf ich mal was fragen?"
Ich: Gucke freundlich aufmunternd.
Er: "Berlinerin?"
Ich: "Ja."
Er: "Wieso?"
Ich: "Wieso nicht?"
Er: "Richtige Antwort, Test bestanden."
Ich: Denke nur was.
Er guckt am Fräulein hoch und runter (schwarze Halbschuh, fein gepünkte Wirkware an den Beinen, Übergangsmantel in rot-schwarz-grau, rotes Arbeitstäschchen) und: "Machst du was mit Mode? Schaut nicht schlecht aus."
Ich: "Nein."
Er: "Welche Branche?"
Ich: "Technik."
Er: "Gerade von der Arbeit?"
Ich: "Ja."
Er: "West oder Ost?"
Ich: "West."
Er: "Wieso?"
Ich: "Wieso nicht?"
Er: "Kommst aus Ost oder Brandenburg."
Ich: "Brandenburg."
Er: "Single?"
Ich: "Ja."
Er energisch: "Wieso?! Hast du dir darüber mal Gedanken gemacht?!"
Ich: "Ja."

Ampel grün, Fräulein ab. Dauer des Gesprächs: Unter einer Minute. (Ich weiß nicht, ob ich redseliger gewesen wäre, wenn ich heute nicht den halben Tag am Stück gesprochen hätte.)




Samstag, 3. April 2010
+ Ein Abend, ein Fräulein, zwei-drei Männer
eine große Liebe, eine Fastliebe, eine unvermittelt spannende Bekanntschaft, vielleicht. Nacheinander.

Ich hoffe sehr, dass Frl. deVille unrecht hat und an Ostern nicht gleich alle verrückt werden, Männlein wie Weiblein, das fehlte mir noch. War kurz versucht, die Ringelstrümpfe auszuziehen, sicher ist sicher. Aber perfekt ist perfekt, besser kann meine Kleidung heute mein Ich gar nicht repräsentieren.

Zumal der Mensch, mit dem ich, vielleicht, diesen Abend noch lieber verleben würde, nicht verfügbar ist.

Ich wünsche einen schönen Abend; passen Sie auf sich auf, alle. Es ist Ostern.

P.S. Sachte und sanft, dazu passt das hier perfekt. Ab 05:48. (Für die Musikfreunde hier.)




Mittwoch, 31. März 2010
+ Auch mal langsam machen
squatting. erinnern, vergessen, besetzen eröffnet morgen Abend in der temporären Kunsthalle, danach spielt CJ Boyd im Schokoladen melancholisch experimentelle Klänge - so kann man Ostern mal ganz sacht angehen, Sehnsucht nach Meer und Weite im Herzen und einen Eierlikör ein Astra in der Hand.



Montag, 29. März 2010
+
Wenn man morgens schon nicht zwischen Realität und Traum unterscheiden kann, ist es nur konsequent, wenn sich mild-schockartig die Ebenen zwischen dem sogenannten "Real-Leben" und der virtuellen Existenz an eben einem solchen Tag schlagartig vermischen.

Ich bin dann mal im Wasser, das Immer- und Einzige, was mich beruhigt, jetzt, wo meine Lampe kaputt ist und Beruhigung Not tut.




Samstag, 27. März 2010
+ Einfach so. Liebe auch.
[Wieder mal ein offline-Text von der Zugheimfahrt heut Nacht; man ist versucht, die Seite abzulichten und zu sagen, da - lest. Aber das kann ich ja kaum lesen, was ich manchmal hastig so zu Papier bringe. Also transkribieren wir, ich.]

Ein schöner Abend. Theater, danach wo was trinken, reden. Seltene Konstellation, die M., die große Schwester und ich, das Quasi-Nesthäkchen, quasi deshalb, weil der Abstand marginal ist und man mit Nesthäkchen anderes verknüpft, als mir zuteil wurde.

Ja, es war schön, kaum falsche Töne, angenehm mit der Schwester, die man manchmal verzweifelt liebt, aber dann oft nicht genau weiß, warum. Man ist sich wesensfremd häufig, das pragmatische, das nicht einfühlen-können-wollende früher hat uns lange, lange Jahre getrennt. Ihre patente Art damals, mir auf existenzlöschende Fragen (so kam einen das ja vor) einen halbsteifen Halbsatz hinzuwerfen, oft genug war es nur: "Man muss es nur wollen." Meine wirklich zutiefst ernste Frage, ob man nicht etwas wirklich wollen kann und es trotzdem nicht schafft, dafür etwas zu tun, sich aufzumachen, weil vielleicht mehr hinter dem "nicht-tun" steckt, als Faulheit oder Angst oder Schüchternheit, hat sie nie beantworteten können.
Und dass sie das Lämmchen, mich, jemanden der fast ganz immer ungrausam und kaum zornig zu kriegen ist, tatsächlich mal zu der Aussage getrieben hat, dass wir wohl nichts miteinander zu schaffen hätten, wenn uns nicht Blut einte, ja, das ist latent da.

Ich bin anders, sie ist auch anders, merkwürdigerweise ändern sich die Menschen um mich herum (zu ihrem Besseren) oft und mehr, als ich meine, dass ich mich ändere. Aber das ist subjektiv und völlig verworren, vernebelt von den Jahren und den Geschichten mit den Menschen und der seltsamen Sicht auf sich selbst auch.

Ein schöner Abend.
Und dann, dann greift sie plötzlich in ihre Tasche und sagt: "Ach, ich hab ja noch was für dich" und ächzt die Tasche neben sich auf den Stuhl. Ende achter Monat, da ist alles im Weg und schwer. Und dann hat sie es und stellt es hin und dreht es in meine Richtung.



Und ich gucke und blinzele und dann merke ich schon, wie ich wieder ganz nah am Wasser stehe. "Ich hab doch keinen Geburtstag" , bring ich noch raus.
"Einfach so. Weil du damals gesagt hat: Das muss ich haben."

Pause.

"Jetzt hast du's", sagt sie leise und ich will raus, das ist mir zuviel, ich kann diese Gefühle nicht verhandeln, ich will das nicht und dann denke ich: Doch, genau das hast du gewollt, als du noch nichts wirklich fühltest, endlich, immer wieder, die volle Breitseite und jetzt hast du es doch. Aushalten und gerade durchgehen, sagt der Lebensmensch immer.
Es geht nicht um die Bücher, die hätte ich sowieso gekauft irgendwann, irgendwo, es ist diese Geste, die mich wehrlos macht und hilflos: Ich habe an dich gedacht, ich sehe dich und du bist auch in mir.
Das ist - auch nach mehrmaligem Erleben - immer noch verstörend, schockierend schön, man möchte weglaufen. Aber ich bleibe; sie ist doch gespannt und hofft, dass ich mich freue, und ich freue mich doch und die Tränen, die aufsteigen wollen, das sind gute Tränen und nein, das ist jetzt nichts für diesen Augenblick.

Also sage ich fast gar nichts, nur leises, und nehme sie lange in den Arm und denke: Dass sie das so kann, einfach so, dafür auch, liebe ich sie.




Donnerstag, 25. März 2010
+ Jetzt reicht es
jetzt muss ich raus hier aus dem Laufrad. Draußen und vor allem in mir ist so derbe Frühling, man möchte einen Mann anspringen und sagen: "Los! Knutschen jetze!", stattdessen sitzt man in endlosen Besprechungen mit Nerds und spielt Technik-Bullshit-Bingo.

Ich bin dann mal draussen; falls Ihnen flüchtende, panische Männer entgegen kommen wissen Sie, wo ich bin.




Dienstag, 23. März 2010
+ Es ist Frühling
alle Menschen lächeln einen an, sogar der absurd gutaussehende Mann vom Büro unter dem Laufstall kam heute grinsend um die Ecke und suchte das Gespräch. Als ich das meinen Mädels erzähle, sterben die beinahe den plötzlichen Herztod. Das Leckerchen Schnuckelchen, wie er hier intern genannt wird, hat sogar einen Schönheitsfleck an der richtigen Stelle, wie Cindy Crawford! Und braune, kurze Wuschellocken. Und ein Lächeln, dass Frauen in den emotionalen Ruin treibt.

"Ran da!" fordern die Kolleginnen neidisch auf.
Ich bin da ja immun nicht mit zu kriegen, ich hab schon so Erfahrungen mit überirdisch gutaussehenden Informatikern. Die sind alle irre. Also so richtig, nicht nur so normal irre. Außerdem heißt er Bert - das ist mir nicht exotisch genug, da denk ich nur die ganze Zeit an Bernie & Ert.
Gott sei Dank, sonst säße ich hier wie die Kolleginnen schwitzend und schmachtend.




Samstag, 20. März 2010
+
„Es wird ein Junge“, schreibt sie, mit Zeichen dahinter, die ein Lächeln ausdrücken sollen.

Und ich gehe in der Wohnung umher, unfähig, die Gedanken und Gefühle zu sammeln; es zerrt an mir. Das große Stück meines Herzens, in dem sie wohnt, zieht und reißt sich.

Vor 19 Tagen, ich sehe das im Logbuch, liefen wir ziellos durch Berlin. Und redeten, redeten und redeten. Sie war aus der Wohnung geflohen, wo nur Schweigen war, er und das Kind. Seit 4 Tagen hatten sie da nicht miteinander geredet. Aber eigentlich, sagte sie, dauere das Schweigen schon viel länger, ein halbes Jahr, ein dreiviertel, man weiß es nicht mehr so genau.

Er hat immer geschwiegen, mehr oder minder die ganze Zeit, 4 Jahre immerhin. Sie hat immer wieder gefragt, gebohrt, den Anfang gemacht, nicht lockergelassen und war irgendwann zermürbt. „Er kann das nicht und ich bin müde, ihn immer zu drängen – nach dem, was innen sich abspielt, was er denkt und fühlt.“, sagte sie.

Und ich sagte: „Dann habt ihr aber auch keine Zukunft, denn du kannst so nicht leben. Du wirst unglücklicher mit jedem Tag, wendest dich immer mehr ab und es ist doch jetzt schon fast nichts mehr übrig.“

Und ja, sie hat sich mit dem Kind, dem Sonnenschein, beschäftigt, fast ausschließlich, bald 3 Jahre. Nur noch Mutter, keine Frau mehr, keine Partnerin. Und allen wohlmeinenden, sanften Stupsern von außen konnte sie nur entgegenhalten, dass sie nicht anders könne, er wäre ihr Leben, der Kleine und sie könne nur den Focus auf ihn haben, es ginge nicht.

Und dann musste es zugemutet werden, anders geht es ja nicht, aber behutsam: „Liebst du ihn denn noch?“ oder anders gefragt: „Gibt es diese Dinge noch, die du an ihm liebtest, siehst du sie noch?“
Es kristallisieren sich langsam, schmerzhaft die Gefühle: „Ich weiß nicht mal, ob ich ihn jemals richtig geliebt habe, auch vorher schon, vor dem Kind. Ich war doch nur bodenlos eifersüchtig und hatte eine Heidenangst, er würde mich verlassen.“

Und ja, es tut weh, aber die Frage muss heraus, wie es wäre, ohne Kind.
„Dann wären wir wahrscheinlich nicht mehr zusammen.“
Wie lange sie sich mit diesen und ähnlichen Gedanken trage, frage ich. Lange, ein halbes Jahr, vielleicht länger, man weiß es nicht mehr so genau. Meinst du nicht, dass auch er unglücklich ist, auch wenn er es nicht sagt; meinst du nicht, dass ein hellwacher, kleiner Mann von fast 3 nicht mitbekommt, dass seine Eltern tagelang nur als Schatten nebeneinanderherhuschen?
Doch, sagt sie und weint fast. Das Kind bricht ihr fast das Herz, ihre eigene Situation und seine nicht.

Und ich sage: „Das reicht doch jetzt, so geht es nicht. Wenn ihr nicht miteinander reden könnt, dann müsst ihr etwas tun.“ Und sie redet von einem Menschen, einem Profi, der ihnen helfen soll, miteinander zu reden. Und ich sage: „Nein, das auch, ja vielleicht, später. Jetzt müsst ihr etwas tun, du.“ Und ich erzähle von den eigenen Worten, die man nicht herausbekam, weil sie mit Ängsten und Zweifeln durchsetzt waren, und dass man dann schreiben muss. Und dass sie eine Verantwortung hat, nicht nur dem Kind gegenüber.

Und sie schreibt den Brief, nicht sofort, aber sie schreibt von dem, was sie umtreibt. Und er schreibt auch, endlich und es ist ein Schock, ein wahrer Sturzbach; wie unglücklich er wäre und vor allem, wie lange schon. Und dass er so nicht weitermachen könne, dass er nicht mal mehr wüsste, ob er für diese Beziehung noch einmal kämpfen will. Und es ist gut, sagt sie danach, tieftraurig; es ist etwas in Bewegung gekommen, zumindest weiß man jetzt, wo man steht.
Vielleicht erwächst noch einmal etwas daraus, neu, wenn beide wissen, ob sie noch wollen und können und ob es sich lohnt.

Vor 19 Tagen sagte sie dann noch, der Abend neigte sich dem Ende, sie musste zum Kind, dass es möglich wäre, vielleicht, sie wäre nur ein wenig drüber. Und ich erschrak bis ins Mark und konnte ein: “Oh weh“ nicht zurückhalten.
Fragte ganz sacht, wie das gehen soll, die Beziehung, vielleicht, vielleicht nicht, das Studium vor der letzten Prüfung, die Arbeit, für die man studiert hat, gerade erst aufgenommen, halbtags, nicht üppig bezahlt. Und sie sagte, ja, ja, ja, aber sie würde es bekommen, immer, egal wie.
Und ich sah an ihrem Augenwinkel, dass sie ein klein wenig verletzt war und sie sagte, wenn, würde sie sich freuen, trotz allem.

„Es wird ein Junge :)“, schreibt sie und er, er freue sich auch, irgendwie.

Und ich gehe durch die stille Wohung, mit diesem Teil im Herzen, den sie bewohnt und der schmerzt und reibt und ringe mich durch zu schreiben: „Ich freue mich, mit dir.“

Und denke, dass es sie doch gibt, die Wunder und dass man manchmal nur hoffen kann. Ich glaube doch manchmal auch daran, dass alles gut wird, irgendwie. Ich muss glauben, und hoffen.

[Edit. Nur, damit das keine Verwunderung auslöst: Natürlich weiß man noch nicht, welch Geschlecht es haben wird. Die Botschaft ist aber ja unmissverständlich.
Und ich, ich schwankte heute sehr beim kurzen Sehen zwischen Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar und dem barmherzigen Nichtssagen. All die Zweifel und Ängste, die gewiss, hoffentlich schon da sind, zu schüren, hilft dem klitzekleinen Bald-Erdenbürger und seiner kleinen Familie jetzt auch nicht. ]